Persönlich
bin ich sehr offen und aufgeschlossen gegenüber mir fremden Kulturen,
Gebräuchen und Religionen. Doch gerade erlebe ich Mauritius als einen Art Schmelztiegel,
der mir in den vergangenen Tagen die ein und auch andere nachdenkliche Minute
bereitet hatte.
Grund dafür
ist der vergangene Freitag, an dem sich viele lose Gedanken sortieren sollten. An diesem besagten Tag, versammelten
sich geschätzte 1000 Studenten im Auditorium Maximum, um einem Konzert einer
sehr erfolgreichen Band aus Mauritius zu folgen. Die Band, deren Name ich
vergessen habe, spielte Sega. Das ist ein Tanzmusik-Stil der alle Menschen auf der Insel vereint. Das Konzert
war angesetzt von 13.30 Uhr bis 18 Uhr. Das machte mich schon etwas stutzig, da
bei uns bekanntlich niemand mehr vor Mitternacht zum Feiern geht.
Ich,
natürlich mittendrin, versuchte mich dem Sega anzupassen um zwei Stunden später
Tropfnass in Begleitung einiger Kommilitonen nach draußen zu gehen. Dort
angelangt begann eine, für mich sehr interessante und aufschlussreiche, Diskussion
über die allgemeinen Unterschiede zwischen der westlichen Welt und Mauritius.
Ein 22
Jahre altes muslimisches „Mädchen“ erzählte mir, dass sie spätestens um 19 Uhr
daheim sein müsse, sonst bekäme sie Ärger mit ihren Eltern. Als ich ihr ein
wenig und das waren nur die harmlosesten Sachen, aus Deutschland erzählte, wie
frei junge Frauen dort sind, hatte ich das Gefühl ihr Weltbild gesprengt zu
haben. Auf ihre weiteren Ausführungen hin, sie habe noch nie einen Schluck
Alkohol getrunken, noch nie eine Zigarette geraucht geschweige denn einen
Jungen geküsst, sprengte sie mein Weltbild. Diese Grundeinstellung ist für
Moslems und Hindus, die die große Mehrheit in Mauritius bilden, gleich!
Mit dieser
neuen Erkenntnis im Gepäck konnte ich, die für mich oft sehr fremden und
undurchsichtigen Abläufe, besser verstehen. Was mir jedoch noch immer wie eine Thrombose
in den Adern steckt ist die Geschichte eines jungen Arztes, den ich einen Tag
zuvor gennengelernt habe. Er erzählte mir, er sei sehr in ein Mädchen verliebt
und sie auch in ihn. Beide wohnen im selben Ort in Mauritius und deshalb sehen sie
sich fast jeden Tag. Was die beiden daran hindert ein Paar zu sein, ist ihre
unterschiedliche Religion. Sie ist Moslem und er Hindu, erzählte er mit gedrückter
Stimme und mir abgewandten Blick. Er leidet sehr darunter, das sah ich ihm an. Aber was soll er machen? Nachdem ich gerade eine Fernbeziehung nach Bangkok führe kann ich ein wenig verstehen, was Distanz bedeutet. Doch je mehr ich über den Zustand, in dem sich die Beiden befinden, nachdenke, desto mehr drängt sich mir die Frage auf: "Sollte Liebe nicht, soziale,
religiöse und auch kulturelle Grenzen brechen und als ein großes Ganzes über
allen Dingen stehen?" Was sagt ihr dazu?