Sonntag, 26. Februar 2012

in between


Persönlich bin ich sehr offen und aufgeschlossen gegenüber mir fremden Kulturen, Gebräuchen und Religionen. Doch gerade erlebe ich Mauritius als einen Art Schmelztiegel, der mir in den vergangenen Tagen die ein und auch andere nachdenkliche Minute bereitet hatte.

Grund dafür ist der vergangene Freitag, an dem sich viele lose Gedanken sortieren sollten. An diesem besagten Tag, versammelten sich geschätzte 1000 Studenten im Auditorium Maximum, um einem Konzert einer sehr erfolgreichen Band aus Mauritius zu folgen. Die Band, deren Name ich vergessen habe, spielte Sega. Das ist ein Tanzmusik-Stil der alle Menschen auf der Insel vereint. Das Konzert war angesetzt von 13.30 Uhr bis 18 Uhr. Das machte mich schon etwas stutzig, da bei uns bekanntlich niemand mehr vor Mitternacht zum Feiern geht.

Ich, natürlich mittendrin, versuchte mich dem Sega anzupassen um zwei Stunden später Tropfnass in Begleitung einiger Kommilitonen nach draußen zu gehen. Dort angelangt begann eine, für mich sehr interessante und aufschlussreiche, Diskussion über die allgemeinen Unterschiede zwischen der westlichen Welt und Mauritius. 

Ein 22 Jahre altes muslimisches „Mädchen“ erzählte mir, dass sie spätestens um 19 Uhr daheim sein müsse, sonst bekäme sie Ärger mit ihren Eltern. Als ich ihr ein wenig und das waren nur die harmlosesten Sachen, aus Deutschland erzählte, wie frei junge Frauen dort sind, hatte ich das Gefühl ihr Weltbild gesprengt zu haben. Auf ihre weiteren Ausführungen hin, sie habe noch nie einen Schluck Alkohol getrunken, noch nie eine Zigarette geraucht geschweige denn einen Jungen geküsst, sprengte sie mein Weltbild. Diese Grundeinstellung ist für Moslems und Hindus, die die große Mehrheit in Mauritius bilden, gleich! 

Mit dieser neuen Erkenntnis im Gepäck konnte ich, die für mich oft sehr fremden und undurchsichtigen Abläufe, besser verstehen. Was mir jedoch noch immer wie eine Thrombose in den Adern steckt ist die Geschichte eines jungen Arztes, den ich einen Tag zuvor gennengelernt habe. Er erzählte mir, er sei sehr in ein Mädchen verliebt und sie auch in ihn. Beide wohnen im selben Ort in Mauritius und deshalb sehen sie sich fast jeden Tag. Was die beiden daran hindert ein Paar zu sein, ist ihre unterschiedliche Religion. Sie ist Moslem und er Hindu, erzählte er mit gedrückter Stimme und mir abgewandten Blick. Er leidet sehr darunter, das sah ich ihm an. Aber was soll er machen? Nachdem ich gerade eine Fernbeziehung nach Bangkok führe kann ich ein wenig verstehen, was Distanz bedeutet. Doch je mehr ich über den Zustand, in dem sich die Beiden befinden, nachdenke, desto mehr drängt sich mir die Frage auf: "Sollte Liebe nicht, soziale, religiöse und auch kulturelle Grenzen brechen und als ein großes Ganzes über allen Dingen stehen?" Was sagt ihr dazu?

Montag, 13. Februar 2012

Giovanna

Der Name „Giovanna“ hört sich weder bedrohlich noch hinterhältig an, außer es ist der Name eines ausgewachsenen Zyklons der Klasse 3 von 4. Das erste Mal als ich von Giovanna erfuhr war Freitagmorgen gegen 2.30 Uhr im „Shots“. Das ist eine Open-Air Discothek in Flic en Flac, welche Potential hat unsere Stammkneipe zu werden.

Am darauf folgenden Abend, sprich Samstag, hatte sich das Wetter um 180° gedreht und statt Sonnenschein erwartete uns viel Wind, mit Böen um die 130 mph und gewitterartige Regenfälle. Natürlich verfolgte ich die aktuellen Nachrichten via Internet und Radio. Die Experten erwarteten, dass Giovanna Mauritius nur streift und das Zentrum etwa 250 Kilometer nordöstlich vorbeiziehen würde. Wie prognostiziert war es dann auch und der Spuk hatte so schnell ein Ende wie er gekommen war. Wir sind sehr froh darüber, dass es vorbei ist, da dem Satellitenbild nach zu urteilen, der Zyklon die Größe Deutschlands hatte.

Aktuell nimmt Giovanna Kurs auf Madagaskar. Die Breaking News verheißen schlimmes: Since this morning, Giovanna has exploded into a monster hurricane – bleibt nur zu hoffen, dass alle vorbereitet sind.

Giovanna hatte auch ihre guten Seiten, zumindest für uns. So brachte sie uns stürmische See und somit perfekten Swell in der Bay of Tamarin für den heutigen Tag. Im Surfführer heißt es in der Kategorie „Hazards“ für Tamarin - Sea urchins and be aware oft he s harks! Gegen die Seeigel hatten wir Neoprenschuhe eingepackt und die Haie waren vergessen als wir die Brandung sahen….

Nachdem ich insgesamt drei Stunden im Wasser verbracht hatte, dabei etwa fünf Liter Salzwasser schluckte und doch einige Male das Gefühl hatte in einer Waschmaschine zu sein, traten wir vollkommen erledigt, aber sehr zufrieden den Rückzug an. Nachdem es für mich beim Surfen noch viel Luft nach oben gibt, geht’s direkt morgen früh weiter.

unknown surfdude


Chris beim Anpaddeln
durchgespühlt, erledigt aber zufrieden

Samstag, 11. Februar 2012

Einen Earl Grey bitte!


…die letzten vier Monate hatten uns alles abverlangt. Meterhohe Wellen, Tage ohne Wind und Piraten am Kap der guten Hoffnung. Doch nach knapp 8000, sehr durchtriebenen, Seemeilen erreichten wir mit dem kleinen französischen Zweimaster unser Ziel. Vor uns lag Mauritius – wild, tropisch, schön und nahezu unbewohnt…
 
So oder so ähnlich könnte es Joseph Marie Corson 1792 in sein Logbuch geschrieben haben, als er von der Bretagne aus Mauritius erreichte. Knapp 100 Jahre später war es sein Enkelsohn Joseph Jules Corson, der als Erster in den Bergen von Bois Cheri, im Süden der Insel, Schwarztee aus dem damaligen Ceylon kultivierte. Genau diese Plantage habe ich, in Begleitung meines Kollegen, vor einigen Tagen besucht. Das Teegut ist nach wie vor im Besitz der Familie Corson und ist über die Jahrzehnte stetig gewachsen. Heute umfasst die Fabrik etwa 50 Arbeiter, einer jährlichen Produktion von 450 000 Kilogramm Tee und 1,4 Millionen Euro Jahresumsatz.

Der Weg nach Bois Cheri ist recht einfach zu finden. Eigentlich ist alles auf der Insel einfach zu finden, da genau ein Highway vom Norden in den Süden führt. Irgendwann muss nur die richtige Ausfahrt erwischt werden und voilà, das Ziel ist erreicht. Für mich, als Besitzer eines Orientierungssinns wie eine Blindschleiche, ist das wie der Himmel auf Erden.

Die Teeplantage selber ist geprägt, wie wir es aus den Dokus kennen. Weite Felder, auf denen die Sträucher etwa einen Dreiviertelmeter in die Höhe ragen. Die vermummten, sich vor der Sonne schützenden Teepflückerinnen, die riesige Säcke auf ihren Köpfen balancieren und ein wunderschönes Kolonialgebäude inmitten der Plantagen.

Nachdem Mauritius touristisch fast gänzlich erschlossen ist, ist auch in der Teefabrik alles auf ein internationales Publikum ausgelegt. Mit einem kleinen Museum, indem die Geschichte rund um das Aufgussgetränk zum Besten gegeben wird, beginnt die Tour und endet mit dem Tea-Tasting in der Kolonialvilla.

 „Two leaves and a bud“ – nach dieser uralten Teeregel werden auch in Bois Cheri die obersten beiden Blätter und die Knospe per Hand gepflückt und zur Fabrik gebracht - dort beginnt die Verarbeitung.

Zuerst werden die Blätter ausgebreitet, 24 Stunden vorgetrocknet und anschließend zerkleinert, um sie auf die Fermentation vorzubereiten. Bis zu diesem Arbeitsschritt besitzt der Tee noch kein Aroma. Nach der Fermentation ist der, nun braun gewordene Tee haltbar und besitzt seinen typischen Geruch. Nun wird die übriggebliebene Feuchtigkeit entzogen und die Stiele entfernt, um den Tee anschließend nach Größe  sortieren zu können. In Säcken muss er weitere drei bis vier Monate kühl und trocken gelagert werden, damit sich das Aroma weiter verfeinert. Danach wird der fertige Tee entweder in 500g Pakete oder in Teebeutel verpackt. Teilweise werden dem Tee, vor dem Verpacken, weitere Aromen wie Zitrone, Kokosnuss, Ingwer oder Früchtemix, in Form von ätherischen Ölen, beigemischt. Kaum zu glauben, aber bis der Schwarztee bei uns in der Tasse landet, sind ganze neun Arbeitsschritte notwendig. Viele davon geschehen hier auf Mauritius noch per Hand. 

Für meinen Teil fand ich es sehr spannend direkt vor Ort zu sehen, was in Europa und in der Welt in den Handel gelangt. Wie gesagt, bisher kannte ich die Teeproduktion nur von der Mattscheibe, jetzt bin ich „Experte“.
Blick über die Teesträucher in Richtung Küste
Teeplantage und Botanischer Garten in einem

erste Trocknung

Fermentation

Tee nach der Fermentation

ab in die Welt...

Tea-Tasting


Mittwoch, 1. Februar 2012

Getting prepared

Appartement – Vehikel – WWW – Freunde, es ist vollbracht. Nachdem ich vor zwei Wochen dem kalten Deutschland, meine kalte Schulter gezeigt habe und zum Inselbewohner geworden bin, gibt es nun das erste Resümee.

Als deutscher kommt man doch äußerst schnell in die Versuchung, seine eigenen Tugenden auf andere abwälzen zu wollen. Rechtschaffenheit, Verantwortungsbewusstsein, Ehrlichkeit und eben alle diese Buzzwords, die einen halbwegs zivilisierten Mitteleuropäer ausmachen sollten. Das alles hat hier auf Mauritius keinen Sinn und das ist auch gut so! Hier ticken die Uhren etwas anders als in Europa, was aber nicht weiter störend ist. Im Gegenteil, das ist eben das Salz in der Suppe, wenn man sich auf einen anderen Kulturkreis einlässt. Das höchste Gut eines jeden Kreolen ist seine Entspanntheit. Höchstens, die bis auf die Knochen abgemagerten Straßenhunde, die stets auf der Suche nach einem Happen sind, haben es immer eilig. Ansonsten geht alles seinen langsamen, aber steten Gang.  Getreu dieser tropischen Gelassenheit der Mauritier hatten es die ersten Tage in sich.

Ich und mein Kollege Chris waren natürlich nicht eingestellt wie die Urlauber in den Luxus-Resorts. Dort werden schnell Preise um die 500 Euro und mehr pro Nacht und Person exklusive Kost bezahlt. Wir haben, wie fast jeder Student auf dieser Erde, ein limitiertes Budget. Deshalb waren die letzten beiden Wochen geprägt von langen Verhandlungen und vielen Absagen. Was unsere Stärke ist, wir waren hartnäckig bis zum Schluss. Herausgesprungen sind, wie erwähnt, ein echt schickes Appartement, ein Auto für vier Monate und Internet im Haus, was nicht selbstverständlich ist.

In den Verhandlungspausen wurden wir jedoch fürstlich entlohnt. Aber seht selbst… ;-)

180° von der Dachterrasse

Unsere Kokospalme und der Mangobaum

300 Meter dann sind wir hier...

Bay of Tamarin

Bay of Tamarin andere Seite


Schnorcheln Bay of Tamarin

Von der Dachterrasse

"Zuerst wurde Mauritius geschaffen, dann das Paradies. Aber das Paradies war nur eine Kopie von Mauritius" (Mark Twain)